Die Alte Domprobstei: Kostenlose Nutzung statt Rückerstattung

Die Alte Probstei (Staré proboštství) lag auf jeden Fall recht nahe am den Veitsdom (Katedrála sv. Víta ). Der Probst hatte jedenfalls einen kurzen Arbeitsweg.

Das Gebäude, wie man es heute bewundern kann, ist ein Werk des Barock aus dem 17. Jahrhundert. Aber die Ursprünge reichen viel länger zurück und es war auch nicht immer die Probstei. Der erste, im 11. Jahrhundert entstandene steinerne früh-romanische Bau (dem vermutlich ein einfacher Holzbau vorging), dem eine kleine Kapelle angeschlossen war, diente noch als Bischofsitz. Teile der romanischen Fassade mit ihren charakteristischen Rundbögen kann man heute noch auf der Südmauer der Probstei erkennen (Bild links).

Im 12. Jahrhundert brannte das Gebäude ab und der damalige Bischof Heinrich Břetislav III. fand sowieso, dass das Ganze wohl zu klein geraten sei. Das Gebäude wurde zwar wieder auf- und umbebaut, aber am Schluss verlegte seinen Sitz in ein größeres Anwesen unten auf der Kleinseite am heutigen Vojanův Dvůr (Vojan Hof). Erst 1561 schenkte dann Kaiser Ferdinand I. dem damaligen Erzbischof das heutige – noch viel größere! – Erzbischöfliche Palais am Burgplatz, wo bis heute in seiner im 18. Jahrhundert neugestalteten Form der Sitz ist. Im Jahre 1486 wurde der alte Bischofsitz, in dem ja nunmehr kein Bischof mehr seinen Amtssitz hatte, vom Domkapitel des Veitsdoms erworben. 

Nach etlicheren kleinen Umbauten erfolgte der große Wurf. Johann Franz Rasch von Aschenfeld, der 1646 zum Domprobst gewählt wurde und das Amt bis zu seinem Tode 1666 ausübte, ließ einen völlig umgekrempelten Barockbau daraus gestalten und gab im im wesentlichen die äußere Form, die man heute sehen kann. Deshalb thront auch noch über dem hübschen Barockeingang das Wappen derer von Rasch von Aschenfeld. Einer seiner Nachfolger, Domprobst Daniel Josef Mayer von Mayern, sollte dann noch die Inneneinrichtung vollenden, etwa durch eine mit Tugendallegorien und Engeldarstellungen verzierte Decke des großen Saales.

Im 19. Jahrhundert dachte man über einen neuen Sitz für den Domprobst nach. Auch der südlichen Seite des Veitsdoms fand man die richtige Stelle dafür, Das alte Haus des Burghauptmanns, dessen 1743 abgeschafft wurde, stand brach und wurde nun den Jahren 1877 bis 1888 abgerissen und durch ein neues Gebäude ersetzt. Die Pläne für die Neue Probstei (wir berichteten hier) entwarf der Architekt Josef Mocker (über den wir schon u.a. hierhier hierhier und hier berichtet haben). Der löste sich vom Barockstil des alten Hauses und verwandelte das Gebäude in ein neogotisch historistisches. Immerhin das alte Gebäude blieb im Besitz der Kirche. Ein wenig Schaden nahm das Ganze schon, riss man bei dieser Gelegenheit die alte Kapelle der Probstei ab.

Übrigens, ebenso wie die Neue Probstei wurde die Alte Probstei an einer der Ecken mit einer Statue des Heilige Wenzel (Svatý Václav) geschmückt, dem Nationalpatron der Böhmen. Das Bildnis, das wohl aus der Zeit der Barockisierung unter Rasch von Aschenfeld entstammt, ist ein Werk des berühmten Barockbildhauers Johann Georg Bendl (wir ewähnten ihn u.a. bereits hier und hier) und zeigt ihn mit allen seinen typischen ikonographischen Attributen – Herzogshut, Schild mit Wenzelsadler und eine Fahne mit ebenselbigen. Umrahmt wird das Ganze von einer Nische, die von einer aus Stuck erstelten Kartusche umgeben ist.

Im Jahre 1950, als die Kommunisten zwei Jahre an der Macht waren, kann es zur Enteignung dieses und aller anderen im Besitz der Katholischen Kirche befindlichen Gebäude auf dem Burggelände. 1989 kam zwar des Ende des Kommunismus, aber inzwischen hatte sich der Staat daran gewöhnt, die gesamte Burg mit ihren Attraktionen im Sinne eines Vermarktungskonzepts beizubehalten. Nach langen Verhandlungen bekam die Katholische Kirche 2015 nur zwei iher früheren Eigentume zurück – die Neue Probstei und die St. Georgsbasilika. Die Alte Probstei blieb in Staatshand. Gottlob war der Eigner, der Amtssitz des Präsidenten der Tschechischen Republik großzügig und überließ das Gebäude zur kostenlosen Nutzung dem Domkapitel, das hier die Büro der Mitarbeiter des Veitsdoms unterbringt.

An der Westseite des Gebäudes ist übrigens eine große bronzene Gedenkplatte eingelassen. Oben steht in Tschechisch der Text: „Durch ihren Beruf mit der Prager Burg verbunden, gaben sie ihr Leben für ihre Heimat.“ Darunter stehen 17 Namen von Mitarbeiter der Burg, die während der Nazizeit und beim Prager Aufstand (siehe u.u. auch hier), in Mai 1945 um Leben kamen. Entworfen wurde die Tafel von keinem geringeren als dem Architekten Pavel Janák (siehe frühere Beiträge u.a. hierhier, hier und hier), der in der Ersten Republik zu den Stararchitekten des Kubismus gehörte. Ausgeführt wurde sie von dem Bildhauer und Architekten Karel Štípl. Die Plakette wurde hier im Jahre 1946 angebracht. (DD)

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