Kleine Selbstverewigung

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Der Künstler galt, was seinen sozialen Rang anging, im Mittelalter nicht viel. Um sich trotzdem Anerkennung zu verschaffen, und um sich zu verewigen, fügten mittelalterliche Maler oder Bildhauer oft kleine Portraits ihrer selbst in die Heiligen- und Königsensembles, die sie etwa für Kirchen anfertigten.

In Prag – genauer am Veitsdom – findet man ein seltenes Beispiel für die Fortsetzung dieser Tradition in der neueren Neuzeit. Der Dom war nämlich im Mittelalter in Baufragment geblieben. Im Jahr 1873 sollte er vom Architekten Josef Mocker vollendet werden. Mocker starb 1899 und so setzte dann sein Nachfolger Kamil Hilbert das Werk fort. Beide gaben der Hauptfassade ein Aussehen, das dem des Kölner Doms mehr ähnelte (das wurde bereits hier bemerkt) als es wohl die mittelalterlichen Baumeister vorgesehen hatten. Erst 1929 war dann der Dom endgültig fertiggestellt.

Mocker und Hilbert waren beide Puristen in Sachen Gotik. Und zur echten Gotik gehörte eben auch, dass sich die Künstler ganz klein und versteckt selbst verewigen. Man muss ein wenig den Blick schweifen lassen und suchen, bevor man sie unten rechts bei dem großen Rosettenfenster an der Hauptfassade entdeckt (Bild oben). Aber dann bemerkt man die beiden Herren (Hilbert links/Mocker rechts), deren Anzüge doch recht anders aussehen als die der sie umgebenden mittelalterlichen Heiligen. (DD)

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