Muss auch mal sein: Die Karlsbrücke

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Bisher ging es in diesem Blog um Kuriosa und unbekanntere Sehenswürdigkeiten in Prag. Aber es gibt eben auch die bei Touristen beliebten Orte. Und die sind schließlich nicht ohne Grund so beliebt. Sie sind einfach atemberaubend schön. Deshalb hier ein Bild von der Karlsbrücke (Karlův most).img_1593 Sie wurde unter Kaiser Karl IV. errichtet; die Grundsteinlegung erfolgte 1357. Sie verbindet auf einer Wegstrecke von über 500 Metern über 16 Bögen die Altstadt mit der Kleinseite am anderen Ufer der Moldau.

Sie war (bis zur Eröffnung der heutigen Brücke der Legionen 1901) über Jahrhunderte hinweg die einzige steinerne Brücke, die nicht nur in Prag, sondern überhaupt über die Moldau führte. Aber sie war nicht die erste. Nachdem ein im frühen 12. Jahrhundert gebauter Holzsteg durch eine Flut zerstört wurde, baute man um 1170 die steinerne Judithbrücke (Juditin most). Sie befand sich nur wenige Meter flussabwärts von der heutigen Karlsbrücke. Im Brückenmuseum (wir berichteten hier) kann man noch einige Reste bewundern. Allerdings wurde diese Brücke 1342 auch durch eine Flut zerstört.

Der stets zupackende Karl IV. machte sich daran, eine neue steinerne Brücke bauen, die – wie sich erweisen sollte – tatsächlich auf Dauer halten sollte. Allerdings nicht sofort, denn der König und Kaiser war abergläubisch und musste für die Grundsteinlegung erst ein numerologisches Gutachten einholen. Denn Zahlen, so meinte er, beeinflussen das Schicksal. Der 9. Juli 1357 um genau 5 Uhr und 31 Minuten war wohl das ultimative Glücksdatum. Wenn man die Zahlen hintereinander aufreiht, kommt dabei so etwas wie eine symmetrische Pyramide raus: 1-3-5-7-9-7-5-3-1. Nun ja, sieht man von einigen nie substantiellen Beschädigungen durch Hochwasser (z.B. 1890) ab, hat es anscheinend irgendwie geholfen. Vielleicht war es aber auch nur eine solide Bautechnik.

IMG_1654Als Inspiration für die Karlsbrücke könnte die berühmte Steinbrücke (Kamenný Most) in der südböhmischen Stadt Písek gedient haben, die wohl eine der ältesten steinernen Brücken in Europa überhaupt ist, in jedem Fall aber die älteste in Tschechien. Sie wurde Ende des 13. Jahrhunderts unter dem böhmischen König Ottokar II. Přemysl erbaut. Sie kreuzt die Otava, einen Nebenfluss der Moldau. Weil die weniger breit ist als die Moldau, misst die Brücke nur 111 Meter Breite und hat auch nur 7 Bögen. Aber technisch kann sie durchaus als Vorläufer der Karlsbrücke gelten (was man auf dem Bild rechts erkennt) und die Architekten derselben dürften die Brücke in Písek genau studiert haben.

Ab 1683 wurde damit angefangen, die steinerne Brücke (die älteste erhaltene in Prag) mit 30 Heiligenstatuen, größtenteils im Barockstil, zu versehen, was ihr ganz eindeutig noch mehr Pracht verlieh. Im Bild oben sieht man also den Heiligen Nepomuk, der angeblich 1393 hier ertränkt wurde, und dessen Figur als erste der 30 ihren Standort auf der Brücke fand.

IMG_4779Die genaue Stelle, wo König Wenzel IV. (der Sohn und Nachfolger Karls IV.) den Heiligen von der Brücke schubsen ließ (möglicherweise war er da bereits tot), ist heute mit einem Ziergitter markiert, auf dem sich ein kleines Bild des Heiligen in den Fluten der Moldau befindet. Es heißt, der angeblich stets eifersüchtige König habe Nepomuk hinrichten lassen, weil er ihm nicht die Beichte seiner Frau mitteilen wollte. Das stimmt wohl nicht. Vielmehr ging es um handfest politische Machtfragen zwischen ihm und dem Prager Erzbischof.

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In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg fuhr übrigens noch eine Straßenbahnlinie über die Brücke. Auch für Pferdefuhrwerke diente sie der Überquerung des Flussses. Die Fähren, die damals die Hauptlast der Moldauverkehrsführung übernahmen, hätten sie wohl nur schwerlich transportieren können. Nach dem Krieg durften auch noch bis in die 1960er Jahre Autos über die Brücke fahren. Irgendwann sah man dann aber ein, dass das Hauptkapital der Brücke ihre Attraktivität für Touristen war. Also machte man sie zur Fußgängerbrücke. Denkmalschützerisch war das wohl auch das Richtige.

IMG_4782Es gibt eben schon einen Grund, warum die Karlsbrücke das wohl bekannteste Bauwerk und die berühmteste Attraktion Prags ist.

Warnung: Während der Haupttourismuszeit im Sommer kann die Überquerung wegen des Gedrängels abertausender Besucher manchmal länger dauern als erwartet. So leer, wie auf dem Photo links (mit Lady Edith) ist sie nur in Covid-Zeiten, wenn die Touristen zwangsweise wegbleiben müssen. Aber auch, wenn es voll wird: Lohnen tut sich der Anblick aber immer. Man muss sich halt genügend Zeit nehmen… (DD)

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