Innovatives Kräuterbier!

Nachtrag 27.4.2019: Traurige Nachricht. Die unten besprochene exzellente Kleinbrauerei hat leider inzwischen ihre Pforten für immer geschlossen. Schade!

Nachtrag zum Nachtrag (10.9.2019): In den Räumen des U Dobřenských hat nun eine neue Kleinbrauerei eröffnet, die allerdings nicht die Originalität der Vorgängerwirtschaft erreicht. Wir berichten hier.

Dem langjährigen Trend, dass die Gaststätten und Kneipen in der Prager Innenstadt nur noch von (teils ortfremden) Großbrauereien beliefert werden, ist seit einiger Zeit ein Gegentrend erwachsen: Das Aufkommen kleiner Braugaststätten mit eigenem Bier (neudeutsch ausgedrückt: „microbreweries“). Das sind meist die Orte, wo man tschechisches Bier von seiner allerbesten Seite kennenlernen kann. Ein hübsches Beispiel ist die kleine Brauereigaststätte U Dobřenských, die die tschechische Brautradition durch eine besonders originelle neue Note ergänzt. Die kleine Brauerei ist einfach benannt nach ihrer Adresse in der kleinen Straße am Rande der Altstadt, in der sie liegt, der U Dobřenských 268/3.

Fast schon unauffällig liegt sie in der Straße und man muss den Eingang, der hinunter in einen kleinen Keller führt, schon fast suchen. Hier wirbt man nicht mit marktschreierischen Äußerlichkeiten, die Kunden kommen hier trotz der Lage hin, weil sich die Brauerei eine Reputation aufgebaut hat, die sich dann herumsprach. Es ist also oft voll hier und man sollte vorher reservieren. U Dobřenských gibt es – und man ist hier sehr stolz auf dieses Alleinstellungsmerkmal – Kräuterbier. Kräuterbier? Da zuckt man erst einmal zusammen, denn Bier mit Geschmackszusätzen kann ja bisweilen auch zu Recht Widerwillen hervorrufen. Im U Dobřenských werden sich allerdings auch konservativere Biertrinker schnell bekehren lassen. Die Kräuterbeigaben sind dem Biergeschmack geschickt angepasst und unterstreichen dessen jeweilige Note. Die bekannteste Sorte ist mit einem Hauch von Tribulus versehen, auf Deutsch Erd-Burzeldorn genannt (musste ich auch erst hier nachschauen, was das ist). Das stark gehopfte Bier erhält durch den Zusatz einen Anklang von klassischem Pale Ale. Auch das Stout mit Salbei überzeugte völlig.

Meist stehen drei verschiedene Sorten des guten Bieres auf der wechselnden Bierkarte (die kann man vorher auf der Website erfahren), die alle in der kleinen glänzenden Brauanlage gebraut werden, die man hinter der Theke live beobachten kannt. Man sieht also, dass man hier echte Handarbeit vom Feinsten bekommt.

Die Küche ist modern tschechisch und ideal zum Bier passend. Dazu kommt die gemütliche Atmosphäre des Kellergewölbes, die den Eindruck vermittelt, die Gaststätte wäre schon seit Jahrhunderten in Betrieb – obwohl die Brauerei erst seit 2015 existiert.

Eine länger zurückreichende Brautradition bestehe hier allerdings schon, sagen die Betreiber hier auf ihrer Website. Schon 1413 habe es hier eine Brauerei gegeben, versichern sie durchaus glaubhaft. In dieser Zeit gab es schließlich an jeder Ecke eine Brauerei, weil Wasser wegen der damit verbundenen Seuchgefahr kaum trinkbar war und sich jedermann (auch Kinder) hauptsächlich über alkoholische Getränke den nötigen Flüssigkeitsspiegel sicherte. Straße und damit auch Gaststätte hätten ihren Namen von einem Brauer des 17. Jahrhunderts übernommen, der Jakub Dobřenský geheißen habe. Die Stadtverwaltung widerspricht dem aber auf ihrer Homepage und behauptet, dass zumindest der Namensgeber der Straße (seit 1901) ein früherer Rektor der Universität gleichen Namens gewesen sei. Wie dem auch sei: Gebraut wurde hier seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr. Die Braugaststätte ist daher tatsächlich das, was sie ist, ein innovatives Bier-Start-up! Wie dem auch sei: Solche historischen Debatten sollte man einfach bei einem Bier im U Dobřenských führen. Es lohnt sich in jedem Fall. (DD)

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