Etwas grimmig und verloren steht er da auf dem Platz (Náměstí Winstona Churchilla), der nach ihm benannt ist. Die Gegend ist nicht die schönste in Prag – direkt hinterm Hauptbahnhof und neben der Wirtschaftshochschule. Drehte sich Churchill um, könnte er jenseits der Gleise immerhin ganz klein in der Ferne die Burg sehen. Zwar etwas verdrießlich im Gesicht, aber unverdrossen in der Sache: Großbritannien großer Kriegspremierminister Winston Churchill hätte sich nie von den Widrigkeiten des Ortes beeindrucken lassen und tut es als Statue immer noch nicht.
Das Denkmal ist eine Replik der Statue, die in London seit 1973 vor dem Parlament steht. Entworfen hat es der Bildhauer Ivor Roberts Jones, ein akademischer Künstler und Mitglied der Royal Academy. Gerade weil Jones keine heroisierende und mit Pathos überladene Darstellung angestrebt hatte, wirkt die Gestalt des alten Mannes, der etwas geduckt am Stock geht, so authentisch. Churchills Kämpfernatur kommt dadurch so richtig voll zum Tragen. Deshalb, so meinten wohl die Prager als sie das Denkmal aufstellten, brauche man keinen neuen Denkmalsentwurf. Der alte Entwurf von Jones tat es auch. Möglicherweise war es auch noch die preisgünstigere Lösung …
Aber: Wie kam denn der überlebensgroße Churchill nun hier an diesen etwas abgelegenen Ort? Und warum?
In den Zeiten des „evil empire“ war der Platz natürlich nicht nach Churchill benannt und auch auf dem Denkmalssockel stand jemand anderes, nämlich der kommunistische Gewerkschaftssekretär Antonín Zápotocký, der noch in den Zeiten des Stalinismus den Höhepunkt seiner Karriere erreicht hatte.
Nach dem Fall des Kommunismus machte man Nägel mit Köpfen. Und das Kontrastprogramm konnte kaum größer ausfallen. Churchill war der Nachkriegs-Antikommunist der ersten Stunde gewesen und hatte vor allem auch schon zuvor den Ausverkauf der Tschechoslowakei an die Nazis 1938 (Münchener Abkommen) durch die damalige britische Regierung heftig kritisiert und als Verrat bezeichnet. Er galt für die Prager fortan immer als ein Freund der tschechischen Freiheit.
Der Öffentlichkeit präsentiert wurde das Denkmal am 17. November 1999, dem 10. Jahrestag der Samtenen Revolution von 1989, die den kommunistischen Spuk im Lande beendete. Die ehemalige britische Premierministerin Margret Thatcher hielt die Einweihungsrede, in der sie passend daran erinnerte, dass „that liberty must never be allowed to perish from the earth, it must forever endure.“ (DD)