Brunnen mit Habsburgeradler

Der Leopoldbrunnen, auch nach seinem Schöpfer Kohls Brunnen (Kohlova kašna) genannt, ist kaum zu übersehen, steht er doch zentral und unübersehbar im zweiten Hof der Prager Burg.

Er wurde 1686 zu Ehren Kaiser Leopolds I., der ab 1656 zugleich böhmischer König war, errichtet, was man auch an den goldenen Initialen „L“ und der Kaiserkrone darüner am Brunnenrand deutlich erkennen kann. Eine Zeitlang glaubte man, der Barockbildhauer Ernst Johann Heilberger sei der Gestalter des Brunnen, Zu Beginn des 20. Jahrhunderts untersuchte der Architekt und ab 1904 Bauarchivar der Stadt Prag Jan Herain den Brunnen. Er entdeckte an einer der Statuen (Vulkan) die kleinen Initialen „HK“, die klar auf den Bildhauer Hieronymus Kohl hinwiesen (den wir u.a. hier schon vorstellten). Bei der Realisierung des Entwurfs dürfte ihm wohl der Steinmetz Francesco della Torre geholfen haben, der zu deser Zeit Hofsteinmetzmeister und Leopold I. war.

Da hätte man eigentlich fast von selbst darauf kommen können, denn der barocke Brunnen sieht in seinem Grundentwurf dem 1689 definitiv von Kohl entworfenen berühmte Bärenbrunnen (Medvědí kašna) doch allzu verblüffend ähnlich – über den wir übrigens bereits hier berichteten. Man muss nur nach Smíchov (Prag 5) fahren um die strukturellen Ähnlichkeiten der beiden Brunnen zu erkennen. Nur, dass da statt griechischer Gottheiten eben kleine Bärchen stehen (siehe Bild rechts), unterscheiden in im wesentlichen von Brunnen im Burghof. Jedenfalls nannte man in der Ersten Republik nach 1918 eine zeitlang den Brunnen lieber nach Kohl als nach einem Mitglied der verhassten Habsburgerdynastie, wie Leopold I..

Der Brunnen besteht aus drei Ebenen. Auf das große Becken führen drei kleine Stufen. Das Becken selbt ist neben den bereits erwähnten Insignien Leopolds mit schlichten Girlanden verziert. Das zweite kleinere Becken wird von vier antiken Gottheiten getragen – Merkur, Vulkan, Neptun und Halbgott Herkules. Im Bild links sieht man im Vordergrund Meeresgott Neptun, durch dessen Beine sich ein großer Meeresfisch schlängelt,

Das obere Becken wird von drei Tritonen getragen. Das sind Meeresgötter der griechischen und römischen Mythologie. Sie sind halb Fisch, halb Mensch und gehen meist Neptun zur Hand. Als Gestaltungselement bei Brunnen waren sie im Zeitalter des Barocks außerordentlich verbreitet und populär. Eine Beispiel sei der vom Bildhauer Gian Lorenzo Bernini gestaltete Tritonenbrunnen in Rom. Bevor man es vergisst: Der Brunnen ist zur Gänze aus Sandstein gehauen, der in der nordwestlich von Prag gelegenen Stadt Žehrovice abgebaut wurde. Das Wasser (heute ist der Brunnen fast immer unbewässert) kam aus einem Aquädukt auf dem etwas nördlich der Burg gelegenen Bach Brusnice.

Über den von den Tritonen getragenen Becken beginnt ein Teil des Brunnen des lange ein politischer Streitapfel war. Auf einer kleinen Erdkugel befand sich eine aus Kupfer bestehende und bemalte Darstellung des doppelköpfigen Habsburgeradlers. Im Rausch der Unabhängigkeit der Tschechoslowakei von den Habsburgern wurde der Doppeladler abmontiert und verschwand. Dem Brunnen fehlte dadurch irgendwie ein Abschluss. Erst kurz nach 1989 wurde er irgendwo im Depot der Prager Burg wieder entdeckt. Erst 2019 hat das Präsidialamt (mit Amtssitz auf der Burg) dann beschlossen, den Brunnen mit einer originalgetreuen Kopie zu ergänzen. Langsam vergibt man den Habsburgern.

Was ja auch nicht allzu schwer gewesen sein dürfte, denn eigentlich dominiert der große zweischwänzige Böhmischen Löwen(ausführlicher berichteten wir hier) auf dem Herzschild ja den Habsburger Adler schon fast. Wie dem auch sei: Die beiden Restauratoren Petr Douda und Petr Beneš  gestalteten die Grundfigur aus Kupfer und Stahl und Dagmas Hamsiková Junková besorgte die Bemalung, wobei die sich alter, aus der Barockzeit stammender Techniken bediente, etwas Ölfarben mit Wachs vermischt. Das Resultat kann sich sehen lassen (siehe Bild oberhalb links). Im Jahre 2020 wurde dann der neue Adler auf den Brunnen gesetzt, der jetzt wieder im originalen Charm erscheint. (DD)

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