
Oben auf dem Hügel über dem Stadtteil Zbraslav übersieht sie den Zusammenfluss von Berounka und Moldau: Die St. Gallus Kirche (kostel sv. Havla). Das war früher eine strategisch wichtige Position. Und deshalb gab es hier schon vorher möglicherweise eine keltische, auf jeden Fall aber seit dem 9. Jahrhundert eine slawische Festungsanlage mit Erdwällen, die heute kaum noch erkennbar sind.

Als sich unter Herzog Vladislav I. die Herrschaft des Geschlechts der Přemysliden. in Böhmen festigte, wich die Festung der kirchlichen Nutzung. Das Areal wurde 1115 dem von den Zisterziensern betriebenen Kloster Kladruby zugeschlagen und eine romanische Kirche darauf erbaut. Im 13. Jahrhundert wurde die Kirche erst dem Bischof von Prag unterstellt, dann dem neuen Zisterzienserkloster unten in Zbraslav, das damals noch nicht zu Prag gehörte.

Dass sie ursprünglich romanisch war, sieht man der Kirche kaum mehr an. Im 16. Jahrhundert wurde sie von einem Feuer beschädigt und teilweise im Renaissancestil repariert und erweitert. Um 1660 kam der große Umbau, der ihr im wesentlichen ihre heutige bauliche Gestalt gab – im Barockstil.

Heute ist der äußere Eindruck der Kirche zum großen Teil auch davon bestimmt, dass sie in einem weitläufigen und von Bäumen bewachsenen Friedhof hoch auf dem Berge steht. Bis 1785 war die Gallus-Kirche zugleich Kloster- und Gemeindekirche. In diesem Jahr löste Kaiser Joseph II. allerdings das Kloster auf und die Gemeinde fand darob ihr Gotteshaus unten im Ort in der St. Jakobskirche (Kostel svatého Jakuba). Und St. Gallus wurde zu einer Friedhofskirche, was sie bis zum heutigen Tage geblieben ist.

Der Friedhof ist schön gelegen und man findet sehr viele bemerkenswerte Grabsteine aus dem 19. Jahrhundert bei denen man das damalige Miteinander von deutschen und tschechischen Bewohnern noch erkennen kann.. Die älteren Gräber aus dem 18. jahrhundert wurden aufgelöst und die Gebeine in einem achteckigen Ossuarium (Beinhaus) in der Nähe der Apsis der Kirche deponiert. Man kann es sehr schön auf dem großen Photo oben erkennen.

Vom Friedhof kann man den Blick von der Höhe in die Ferne schweifen lassen. Dann erkennt man auch, warum der Ort dereinst in der Vorzeit als so strategisch wichtig angesehen wurde. Über dem gegenüber liegenden Ufer der Moldau sieht man den Berg mit der großen keltischen Festungsanlage Závist (siehe früheren Beitrag hier) erkennen, die ebenfalls half, den Zusammenfluss den Berounka und Moldau zu überwachen. Eine Wanderung in diesem südlichen Teil Prags gibt einem das Gefühl, tief in die Geschichte einzutauchen. (DD)