Von der Pest zum Hunger

Ein barockes Meisterwerk ist die große Pestsäule, auch Dreieinigkeitssäule (Sloup Nejsvětější Trojice) genannt, auf dem Kleinseitner Ring (Malostranské náměstí).

Mit der Aufstellung von schmucken Pestsäulen schmückten früher die Menschen das Stadtbild, die gerade eine Pestepidemie überstanden hatten, um ihren Dank gegenüber Gott auszudrücken, dass sie noch am Leben waren. 1713 zog die letzte Pestseuche durch die Gassen Prags und kostete dort über 20.000 Menschen das Leben. Das war, gemessen an der damals noch recht bescheidenen Größe der Gesamtbevölkerung der Stadt, ein ungeheurer Blutzoll. Um so dankbarer waren die Überlebenden, die dann 1715 diese Säule errichten ließen.

Entworfen wurde die Säule von dem italienischen Bildhauer Giovanni Battista Alliprandi. Die Bildhauer Mayer Jan Oldřich und Ferdinand Geiger lieferten noch die skulpturalen Verzierungen dazu.

Auch wenn die Pest von 1713 die letzte ihrer Art war, das Elend der Menschen hatte damit noch kein Ende. Durch eine mehrjährige Serie von Missernten, die durch Dürre und das Getreide befallende Krankheiten verursacht worden waren, raffte von 1770 bis 1772  die Große Hungersnot in Böhmen rund 10 Prozent der Bevölkerung Böhmens dahin.

Die Pestsäule wurde nun durch Skulpturen (hauptsächlich Vasen und Putten) des Bildhauers Ignaz Franz Platzer ergänzt – vielleicht war man wirtschaftlich durch die Not so erschöpft, dass man keine gesonderte neue Säule dafür schuf, die viel Geld gekostet hätte. Das passte auch zu der aufklärerischen Philosophie des damaligen Herrschers Joseph II., der auf Sparsamkeit setzte und Glaubensbezeugungen dieser Art auch nicht allzu viel Verständnis entgegenbrachte.

Oben auf der obeliskförmigen Säule befindet sich das Auge Gottes als Symbol der Allgegenwart Gottes, unmittelbar darunter die Dreieinigkeit (Gott, Christus, Heiliger Geist; siehe Bild ganz unten). Darunter wiederum kann man Maria und die typisch böhmischen Nationalheiligen Nepomuk, Adalbert (Vojtěch), Prokop, Ludmilla und Wenzel (Václav).

Der Sockel der großen Pestsäule steht auf einem Brunnen, der mit den Platzerschen Vasen und Putten verziert ist. Das Ganze steht auf einem der zweifellos schönsten Plätze in ganz Prag mit Blick auf die Burg und auf die direkt neben der Säule befindliche  barocke St- Nikolaus- Kirche (früherer Beitrag hier) auf der Kleinseite und verschönert ihn noch einmal mehr. (DD)

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