Der jüdische Friedhof von Josefov

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Die Enge des Ghettos erlaubte keine Erweiterung. Und stehen bis heute die Grabsteine auf dem ältesten und berühmtesten jüdischen Friedhof in Prag dicht an dicht gedrängt nebeneinander. Rund 12.000 Grabsteine sollen sich auf dem nur einen Hektar großen Gelände im Stadtteil Josefov (Josefstadt) bei der Altstadt befinden und die Überreste von rund 100.000 Menschen. In bis zu 12 Schichten übereinander wurden die Toten hier begraben. Gegründet wurde der Friedhof in der ersten Hälfte des 15. Jahrhundert und der älteste erhaltene Grabstein stammt aus dem Jahr 1439. Gräber vieler bedeutender Juden sind hier erhalten, darunter das des Rabbi Löw, der im 16. Jahrhundert der Sage nach den berühmten Golem erschaffen hatte. Ein legendenumwobener Platz ist dieser Friedhof…

IMG_1607Im späten 18. Jahrhundert begann man sich generell um die Probleme zu sorgen, die aus der Enge und Überfülle innerstädtischer Friedhöfe (z.B. Seuchengefahr) erwuchsen. Nicht nur die traditionellen Kirchhöfe waren davon betroffen, auch der jüdische Friedhof von Josefov wurde durch eine größere Anlage außerhalb der Innensstadt ersetzt.

Der schon 1679/80 eröffnete jüdische Friedhof im damals außerhalb gelegenen Žižkov (früherer Beitrag hier) wurde entsprechend ausgebaut, nachdem Kaiser Josef II. 1785 die Schließung der innerstädtischen Kleinfriedhöfe angeordnet hatte. Seither ist der Friedhof eine historische Erinnerungsstätte, auf der keine Beerdigungen mehr stattfinden.

Besichtigen kann man den Friedhof gegen Eintritt über die Pinkas-Synagoge aus dem 16. Jahrhundert (Adresse: Široká 23/3), die heute eine Gedenkstätte für die durch die Nazis Josefovermordeten Prager Juden beherbergt. Einen guten Überblick über das Gesamtareal hat man auch von den höheren Stockwerken des daneben befindlichen Museums für Kunstgewerbe. Von dort wurde zum Beispiel das große Bild oben gemacht.

Neben dem Friedhof befindet sich das im Jahre 1906 erbaute Jüdische Museum, das den Terror der Nazis nur deshalb überlebte, weil die es in zynischer Weise umfunktioniert hatten. 1943 eröffnete hier die SS das sogenannte Museum einer untergegangenen Rasse, in dem sie ihre antisemitische Hetzpropaganda verbreiteten und ihre Untaten verherrlichten. Heute kann man hier wieder den Reichtum des kulturellen Erbes und der Geschichte der Prager Juden bestaunen, worüber man Herzbeklemmungen bekommen kann, wenn man über das Grauen und die Zerstörung nachdenkt, die Nazideutschland hier hinterlassen hat. Ein Ort zum Nachdenken, wie auch der Friedhof selbst – und vielleicht ein guter Anlass, sich bei einer Tour durch das Jüdische Viertel ein wenig weitergehend in diesen wichtigen Teil der Geschichte zu vertiefen. (DD)

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