Das Haus der Feuerwehr (Dům U hasičů oder auch Hasičský dům) in Vinohrady gilt als ein Meisterwerk des Funktionalismus. Wie schön man es findet, ist Geschmacksache, aber das ist fast schon unwichtig, denn: Seine historische Bedeutung erlangte das Gebäude 1945 als die beiden wohl berühmtesten Tschechen aller Zeiten ihren Einzug nach Prag hielten und sich hier niederließen: Spejbl und Hurvínek! Sie bleiben dort bis 1995.
Das Haus in der Římská 45 in Prag 2 wurde in den Jahren von 1926 bis 1929 von den Architekten Pavel Moravec und Tomáš Pražák erbaut, und zwar hauptsächlich als Gebäude des nationalen Feuerwehrverbandes. Daneben war es aber in Wirklichkeit ein Mehrzweckgebäude mit einem Hotel, etlichen Wohnungen, einem Restaurant und vor allem einem kleinen Theater im Erdgeschoss. Mit dem konstruktivstisch strukturierten Turm, der so eine Art Feuerwehrsymbolik ausstrahlt, wurde es das erste moderne Hochhaus in Prag. Das alleine macht es schon historisch bedeutsam.
Konzentrieren wir uns hier auf das sogenannte Theater bei der Feuerwehr (Divadlo u Hasičů): In den ersten Jahren gab es hier ein Komödientheater und Varieté, dem 1933 ein Operettentheater folgte. Währenddessen – genauer: 1930 – eröffnete im fernen Pilsen Josef Skupa das erste moderne professionelle und stationäre Puppentheater des Landes. Schon zuvor hatte er auf Touren zwei Charaktere kreiert, die das Publikum begeisterten und so etwas wie den Anfang des Marionettenkabaretts darstellten: Vater Spejbl und sein vorlauter Sohn Hurvínek, die auf der Bühne (manchmal flankiert von anderen Charakteren) freche Dialoge über Fragen von Politik, Moral und
Zeitgeschehen führten. Der rebellische Geist der beiden Figuren passte gut zum liberalen Geist der Ersten Republik, aber natürlich nicht in die Schreckenszeit der Nazibesetzung nach 1938. Skupa versuchte noch bis Ende 1943 sich irgendwie durch die nun extrem widrigen Umstände unter der Terrorherrschaft durchzulavieren und mit etwas leiseren, aber durchaus klaren Untertönen unbeugsam wider den Stachel zu löcken. Vergebens! Im Januar 1944 verhaftete ihn die Gestapo, das Theater in Pilsen wurde geschlossen. Er wurde in Dresden ins Gefängnis gesteckt und im Februar 1945 einer der wenigen Menschen, die der Bombardierung der Stadt Positives verdankten – er konnte aus dem einstürzenden und brennenden Gefängnis fliehen und sich verstecken.
Als der Krieg vorbei und die Nazis weg waren, baute er sein Theater nicht wieder im (provinzielleren) Pilsen auf, sondern in der Weltstadt Prag. Im Oktober 1945 eröffnete das Theater Spejbl und Hurvínek (Divadlo Spejbla a Hurvínka) hier im Feuerwehrhaus seine Pforten. Skupa führte dort sein satirisches Puppenvarieté zu Weltruhm. Nachdem 1948 die Kommunisten die Macht ergriffen hatten, nutzte er geschickt die Spielräume, die noch verbleiben waren. Miloš Kirschner, sein von ihm auserkorener Nachfolger, der nach Skupas Tod 1957 das Theater übernahm, war zuvor Opfer der kommunistischen Drangsal geworden und hatte seinen Arbeitsplatz verloren, bevor er bei Spejbl und Hurvínek einstieg. Dass die beiden Puppenhelden auch unter ihm so hintergründig subversiv blieben wie irgendwie nur möglich, verlieh ihnen nicht nur bei einheimischen Publikum einen Nimbus des Widerständigen. Weltweit wurden die Puppen nun zum Hit! Und wenn sie auf Tournee rund um den Globus gehen, sprechen sie auch immer in der jeweiligen Landessprache.
Der Kommunismus ging 1989. Das Gebäude wurde den ursprünglichen Besitzern zurückerstattet, die 1948 enteignet worden waren. Der Feuerwehrverband und eine Feuerversicherung sind noch immer da. Nur Spejbl und Hurvínek wurden immer populärer und populärer – bis das Theater zu klein für den Andrang wurde. 1995 zog man in den Stadtteil Dejvice am anderen Moldauufer, wo man ein neues Domizil – diesmal in einem hübschen Jugendstilhaus – fand. Und das Feuerwehrhaus? Das wurde in den Jahren 1999/2000 gründlich renoviert und umgebaut. Das Theater mit seinen über 300 Sitzen widmet sich heute vor allem der Aufführung von Komödien, Varieté und Kabarett – ein wenig so wie es am Anfang 1929 war. (DD)