Literarischer Neuerer

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Er mag als Schriftsteller, Journalist und Dichter heutzutage nicht mehr so bekannt sein wie zu Lebzeiten, aber ihm wurde dafür ein wirklich kolossales Demkmal gewidmet, für das ihn seine Kollegen aus der schreibenden  Zunft nur beneiden können: Vitezslav Hálek.

IMG_0822Der war seinerzeit nicht nur populär, sondern auch ein Neuerer der tschechischen Literatur. Zusammen mit dem heute viel bekannteren Jan Neruda gründete er nach 1848 den Literatenzirkel der Májovci, der sich für eine eigenständige tschechische Nationalliteratur einsetzte und den Realismus als Literaturströmung in Böhmen etablierte. Politisch setzte sich die Gruppe für mehr Selbstbestimmung der Tschechen im Habsburgerreich, aber auch für Demokratie und Weltbürgerlichkeit ein. Es handelte sich bei ihnen um sehr liberal geprägte Nationalisten.

Viele von Háleks Romane und Erzählungen –  etwa die Märchen aus unserem Dorf (Pohádky z naší vesnice) aus dem Jahr 1874 – drehten sich um die Wirklichkeit des Landlebens. Daneben gab er ab 1858 die Zeitschrift des Zirkels, das Almanach Máj, heraus.

IMG_0819Sein Hymnus Dědicové Bílé hory (Die Erben des Weißen Berges) aus dem Jahre 1869 wurde immerhin von Antonín Dvořák als Chorwerk vertont.

Zurück zum Denkmal: Das steht nahe des Neustädter Rathauses auf der Nordseite des Karlsplatzes. Diesen prominenten Platz stellte die Statdt damals kostenlos zur Verfügung. Den Rest besorgte eine Sammlung unter den Bürgern, die offensichtlich so von dem Wirken IMG_0821des Schriftstellers angetan waren, dass man 1882 ein wirklich opulent gestaltetes Denkmal einweihen konnte. Gestaltete wurde das Denkmal von dem Bildhauer Bohuslav Schnirch, der sich (unter anderem bei der Gestaltung des Nationaltheaters) als einer der bedeutendsten Vertreter der Neorenaissance in Böhmen hervorgetan hatte. Das merkt man der Gestaltung an, die vor allem auf eine klassisch-antikisierende Bildsprache zurückgreift – die orpheussche Leier, die Theatermasken, der antike Torbogen als Sockel, die halbrunde Grundrissform, die Sphingen.

IMG_3971Wenn es danach überhaupt noch irgendeines Beweises für die Bedeutung Vitezslav Háleks unter den Zeitgenossen und den unmittelbar folgenden Generationen bedarf, dann die, dass das Denkmal am Karlsplatz nicht das einzige in Prag ist. Wer weiter südlich einmal einen kleinen Ausflug zu der hochgelegenen Keltenfestung Závist (siehe früheren Beitrag hier) unternimmt, kann beim Abstieg auf der Ostseite des Berges noch ein schönes, wenngleich etwas bescheidener dimensioniertes Denkmal in Obeliskform mit einer Portraitmedaille, die den Schriftsteller zeigt, bewundern. Dieses Denkmal wurde ihm schon kurz nach seinem Tode im Jahre 1874 von seinen Schülern errichtet. (DD)

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