Am südlichen Ende des Karlsplatzes steht ein schönes Barockhaus über dessen Tür die Worte Faustův dům stehen – das Faust-Haus! Hier soll er gewirkt haben, der berühmte Alchemist, dessen Leben große Literaten wie Christopher Marlowe und einige weniger bekannte Autoren in Theaterstücken dramaturgisch verhackstückt haben. Dass hier Doktor Johann Georg Faust (1480-1541) gelebt haben soll, erfüllt einen mit Staunen und Ehrfurcht, wenn man davor steht.
… nur, dass es nicht stimmt. Der gute Doktor hat hier nie gelebt. Definitv nicht! Allerdings gab es andere düstere Alchimisten, die aus Blei Gold machen wollten oder umgekehrt – jedenfalls unheimliche übernatürliche Experimente durchführten. Dazu gehörte im 16. Jahrhundert der Engländer Edward Kelley. Und im frühen 18. Jahrhundert der berüchtigte Ferdinand Antonín Mladota. Was dann noch dazu beitrug, dass man den Faust hier hineindichtete, war ein großes Loch in einer Zimmerdecke, das man lange Zeit nicht schließen konnte. Klar, durch dieses Loch hatte der Teufel am Ende den armen Faust in die Hölle gezerrt! Und fertig war die Legende vom Prager Faust-Haus!
Dass der Baustil (Barock) nicht zur Lebenszeit Fausts (Renaissance) passt, lässt sich allerdings erklären. Das Gebäude stammt nämlich eigentlich aus dem 14. Jahrhundert (Faust hätte es also theoretisch kennen können), wurde dann aber im 18. Jahrhundert von dem bedeutenden Architekten František Maxmilián Kaňka renoviert und umgebaut, wodurch es sein heutiges äußeres Erscheinungsbild erhielt.
Naja, und irgendetwas leicht Faustisches hat das Gebäude noch immer. Im Erdgeschoss hat heute immerhin einer der harmlosen Nachfolger der Alchimisten, ein Apotheker (!), seinen Laden. Man erkennt es an dem grünen Kreuz auf dem kleinen Bild unten. (DD)