Die St. Peter-und-Paul-Kirche auf dem Vyšehrad (Bazilika sv. Petra a Pavla na Vyšehradě) kann auf eine lange und wechselvolle Baugeschichte zurückblicken. Der ursprüngliche romanische Bau, der 1070-1080 unter König Vratislav II. errichtet wurde, brannte 1249 ab und wurde im gotischen Stil neu errichtet. Der heute schon von weiter Ferne aus sichtbare Kirchenbau ist allerdings nicht echt gotisch, sondern neo-gotisch. Er wurde 1885 bis 1903 errichtet. Es war dies die Zeit des aufsteigenden tschechischen Nationalbewusstseins innerhalb des Habsburgerreichs. Der Vyšehrad (siehe diesen früheren Beitrag) galt in der damaligen Nationalmythologie als der eigentliche Geburtsort des Tschechentums in grauer Vorzeit. Das prägt die Gestaltung der Kirche.
Während außen die neo-gotische Gestalt eher konventionell aussieht, tobt sich im Inneren ein patriotisch durchtränkter Jugenstil vom Feinsten aus. In wenigen Kirchen Prags ist der Jugendstil so dominant.
Das liegt an den Fresken des Prager Malers František Urban (1868-1919), der zusammen mit seiner Frau Marie Urbanová-Zahradnická (1868-1945) in den Jahren 1901-1903 den größten Teil des Schiffs malerisch ausgestaltete. Urban war Schüler des weltberühmten Malers und Illustrators Alfons Mucha. Wer Mucha mag, wird auch die Urbanschen Malereien in der St. Peter-und-Paul-Kirche mögen (ein Besuch im Prager Mucha-Museum sei daher anschließend empfohlen). Sowohl die Ornamentik (sichtbar vor allem bei der
Gestaltung der Säulen und der Ausmalung der Rippengewölbe) als auch die Wahl der (nationalen) Themen erinnern in der Tat stark an Muchas Werk. Böhmische Heilige oder Heilige mit böhmischen Ursprüngen, wie die Heilige Marketa, stehen im Mittelpunkt.
Die Anspielungen an byzantinische Formsprache und die reiche Vergoldung kontrastieren stark mit der Dunkelheit des Innenraums und verleihen ihm besonderen Glanz. Das ganze ist in sich stimmig und passt – was man selbst dann zugestehen muss, wenn man den theatralischen Patriotismus dahinter etwas verkitscht (zumindest für heutige Gemüter) findet.
Natürlich gibt es noch mehr zu sehen in der Kirche. Dazu gehört die kleine Schatzkammer mit einer kleinen, aber feinen Sammlung von Sakralkunst.
Oder die Bleiglasfenster aus der Jahrhundertwende oder der neogotische Altar, der von Josef Mocker entworfen und von 1884 bis 1889 fertiggestellt wurde.
Anzuschauen gibt es auf jeden Fall sehr viel für den geringen Eintrittspreis, der verlangt wird. (DD)