Ein wenig wie der brave Soldat Švejk sieht er aus mit seinem etwas verschmitzten Blick und dem schräg aufgesetzten Barett. Der war ja Hundehändler. Auf den ersten Blick denkt man bei dem Tier an der Leine auch an einen Hund – bis einem die dafür doch zu üppige Mähne auffällt.
Der Soldat, der hier in wohlmeinender, aber doch nicht unmittelbar einleuchtender Symbolik dargestellt einen (böhmischen) Löwen Gassi führt, ist ein Tschechischer Legionär. Die Legion ist ein Teil der Gründungslegende der Ersten Republik. Dieser legendäre Legionär wurde 1922 samt Löwen von dem Bildhauer Antonín Hloušek auf den Sockel gestellt.
Als der Erste Weltkrieg begann, mussten die wehrpflichtigen Tschechen in der k.u.k.-Armee dienen. Das taten sie teilweise mit Widerwillen. Zu stark verbreitet war bereits der Wunsch nach nationaler Selbstbestimmung. Die Alliierten nutzten diese Schwäche aus. Aus Deserteuren und Kriegsgefangenen formierten sie die sogenannte „Tschechische Legion“, die nunmehr gegen die Mittelmächte, d.h. auch gegen das Österreich-Ungarn, dessen Untertanen sie eigentlich waren, kämpften. Einige der Legionen kämpften als autonome Einheiten unter französischem, andere unter italienischem Kommando. Als Legionäre 1919 für die neue Tschechoslowakei den Ungarn große Teile der Slowakei entrissen, standen sie zum Beispiel noch nominell unter italienischem Kommando.
Die wichtigste Rolle spielte jedoch die Tschechische Legion in Russland. 1917 übernahmen die Bolschewisten die Macht, die dann 1918 mit den Mittelmächten Frieden machten. In der Folge machten sich die Legionäre „selbständig“.
Sie kämpften nun für die tschechoslowakische Exilregierung gegen die Bolschewisten (um Russland wieder zum Kriegseintritt zu bringen). Trotz großer militärischer Erfolge seitens der Legion gelang das nicht. Am Ende kämpften sich die Legionäre auf gekaperten gepanzerten Zügen über den Ural bis nach Wladiwostok durch, wo alliierte Schiffe auf sie warteten. Die ursprüngliche Idee war, dass sie nun an der Westfront dienen sollten. Dazu kam es nicht, denn erst im September 1920 waren die letzten von ihnen evakuiert.
Dieser Einsatz lieferte der tschechoslowakischen Regierung einen Status unter den Alliierten, der es ihnen leicht machte, später ihre territorialen Ansprüche durchzusetzen und die nun errungene Unabhängigkeit diplomatisch abzusichern. Zudem war die Legion so etwas wie die erste souveräne Institution des Staates – bevor dieser überhaupt real existierte. Daraus leitet sich bis heute ihr Mythos ab.
Die Legion wird nicht nur mit Denkmälern gefeiert. Auch eine der großen Brücken über die Moldau, die Brücke der Legionen (most legii), ist nach ihr benannt (kleines Bild rechts, Brücke im Vordergrund).
Zurück zu unserem Löwenbändiger unter den Legionären: Er steht als Denkmal vor der Kirche im Ortsteil Kunratice (siehe diesen früheren Beitrag). Sein Barett deutet darauf hin, dass dieser Legionär möglicherweise an der französischen Westfront kämpfte. Seit dem August 1922 steht er dort eben in recht švejkscher, das heißt nicht sonderlich martialischer Pose, bewaffnet nur mit einer Krücke und einem zahmen Löwen, dafür aber ohne Gewehr. Irgendwie sympathisch, der kleine Nationalheld. (DD)